

Fotos: Anke Neugebauer/ Kulturstiftung Thüringen
Mit Poesie über Grenzen hinausgucken
Ramona de Jesús erhält das Thüringer Literaturstipendium Harald Gerlach
Pressemitteilung 7. März 2025
Der Autor Harald Gerlach ist der Namensgeber des Thüringer Literaturstipendiums, das seit 2009 vergeben wird. Dass sich die Kulturstiftung Thüringen das Schillerhaus in Rudolstadt für die Verleihung dieser höchsten Autorenauszeichnung des Freistaats ausgesucht hat, ist kein Zufall: Gerlach lebte mehrere Jahre in der Stadt unterhalb der Heidecksburg und wäre am 7. März 85 Jahre alt geworden.
Zum siebzehnten Mal wurde das Thüringer Literaturstipendium nun vergeben. Die fünfköpfige Jury sprach sich für die 1990 in Kolumbien geborene Ramona de Jesús aus. Innerhalb dieses Jahres wird sie an ihrem neuen Lyrikband mit dem Titel „Archäologisches Handbuch des Hungers“ arbeiten. De Jesús lebt seit 2021 in Oberbösa im Kyffhäuserkreis und hat sich bereits in der Thüringer Literatur- und Kulturszene etabliert. Jurymitglied Daniela Danz hebt in ihrer Laudatio die Offenheit und das sichere Gespür für die kraftvolle, komplexe Ausdrucksweise der mehrfach ausgezeichneten Autorin und Übersetzerin hervor. De Jesús erhielt 2020 den Kolumbianischen Nationalpreis für unveröffentlichte Lyrik sowie mehrere Stipendien, zuletzt die Friederike Mayröcker Residence in Wien.
Der Freistaat würdigt mit der mit 12.000 Euro dotierten Förderung Autorinnen und Autoren, die mit ihrem Schaffen neue literarische Wege erkunden und die Vielfalt der Literatur in Thüringen bereichern. Dabei stellt die Auszeichnung an Ramona de Jesús eine Besonderheit in der Geschichte des Harald-Gerlach-Stipendiums dar: Zum ersten Mal wird mit ihr eine Person ausgezeichnet, die nicht in Deutschland geboren wurde und ihre Texte nicht in Deutsch verfasst. „Für mich als spanischsprechende Dichterin diese literarische Auszeichnung zu erhalten, ist eine immense Ehre“, so de Jesús. „Dass die spanische Sprache heute hier durch dieses Stipendium anwesend ist, lässt neue Fragen stellen über die Beziehung Sprache und das Schreiben einerseits und geopolitische Grenzen andererseits.“ Literatur und Poesie, davon zeigt sich die Stipendiatin überzeugt, „fördern uns, über diese Grenzen hinaus zu gucken.“
Thüringens Kulturminister Christian Tischner würdigt die Schriftstellerin und betont: „Ramona de Jesús verbindet in ihren Texten eindrucksvoll das Poetische mit dem Essayistischen und eröffnet neue Perspektiven auf Sprache und Identität. Dass sie ihre literarische Heimat im Kyffhäuserkreis gefunden hat, zeigt einmal mehr, dass Thüringen ein Ort ist, an dem Literatur lebt und wächst. Ich gratuliere ihr herzlich zu dieser Auszeichnung und wünsche ihr eine inspirierende Schaffenszeit.“
Zum Harald Gerlach-Stipendium
Das nach dem Thüringer Autor Harald Gerlach (1940-2001) benannte Literaturstipendium wurde durch eine Initiative des Schriftstellers Ingo Schulze 2008 ins Leben gerufen und wird seit 2019 durch die Kulturstiftung des Freistaats Thüringen vergeben.
Die mit 12.000 Euro dotierte Auszeichnung ist die höchste jährliche Förderung für Autorinnen und Autoren in Thüringen. Sie erhalten dadurch die Möglichkeit, über ein Jahr intensiv an einem aktuellen Vorhaben zu arbeiten. Die Voraussetzungen sind ein literarisch hochrangiges Projekt (Prosa, Lyrik oder Dramatik), dessen Texte noch unveröffentlicht sind, sowie entweder ein ständiger Wohnsitz der Autorin oder des Autors in Thüringen oder aber ein deutlicher Thüringenbezug des Projekts selbst.
Die bisherigen Stipendiatinnen und Stipendiaten sind:
Lutz Seiler (2009), Jan Volker Röhnert (2010), Christian Rosenau (2011), Daniela Danz (2012), Bärbel Klässner (2013), Hubert Schirneck (2014), Nancy Hünger (2015), André Schinkel (2016), Ron Winkler (2017), Peter Neumann (2018), Vera Vorneweg (2019), Stefan Petermann (2020), Emma Braslavsky (2021), Martin Knuth (2022), Thomas Freyer (2023) und Fabian Saul (2024).